Sesam krebserregend?! Schon wieder Produkt-Rückrufe wegen Ethylenoxid!

Heute habe ich wieder – beiläufig – von Produktrückruf wegen Ethylenoxid gelesen. Es ist ein Mittel, dessen Anwendung und Inverkehrbringen in Deutschland und der EU lange verboten ist. Was macht Ethylenoxid gefährlich? Und was hat das Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln und vor allem in Bio-Snacks verloren?

Aktueller Rückruf: Lorenz Snack-World

Auf produktwarnung.eu sowie auf den Seiten verschiedener Medien findest du aktuell den Produktrückruf der Lorenz-Knabber-Produkte. Laut Angaben des Unternehmens ist davon auszugehen, dass Sesamsamen in seinen Produkten Rückstände des Pflanzen-Schutzmittels Ethylenoxid aufweisen.

Eigenschaften von Ethylenoxid

Ethylenoxid ist hochgiftig und wirkt bereits beim Einatmen krebserregend (Quelle: Information der europäischen Chemikalienagentur). Symptome einer Ethylenoxid-Vergiftung sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelanfälle sowie Erbrechen. Bei höherer Dosierung kann es zu Krämpfen Nervenzuckungen und sogar zum Koma führen. Außerdem ist es hochentzündlich.

Anwendung von Ethylenoxid

Aufgrund seiner radikalen Eigenschaften wird Ethylenoxid zur Desinfektion verwendet. So werden zum Beispiel Silos und Lagerräume großflächig mit dem giftigen Gas desinfiziert. Es tötet Bakterien, Viren und Pilze ab. Regelmäßig angewendet wird Ethylenoxid in der Sterilisation von medizinischen Geräten und medizinischem Zubehör.

Die Verwendung von Ethylenoxid bei Lebensmitteln in Deutschland ist bereits seit den 80er-Jahren verboten. Auch in der Europäischen darf das Mittel im Lebensmittelbereich nicht verwendet und in Verkehr gebracht werden. Auf eine 1984 gestellte Anfrage der Grünen bezüglich Ethylenoxids antwortete der Deutsche Bundestag seinerzeit wie folgt:

Die Anwendung von Pflanzenbehandlungsmitteln, die aus Ethylenoxid bestehen oder diesen Stoff enthalten, ist durch die am 01. Februar 1981 in Kraft getretenen Vorschriften der Verordnung über Anwendungsverbote und -beschränkungen für Pflanzenbehandlungsmittel (Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung) verboten. Lebensmittel und Arzneimittel — soweit sie Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse sind — dürfen seitdem zum Vorratsschutz nicht mehr mit Ethylenoxid behandelt werden.

Deutscher Bundestag, Druckstück 10/1659 (Download PDF)

Ethylenoxid in Bio-Produkten?

Auch wenn Ethylenoxid in der EU nicht verwendet und in Verkehr gebracht werden darf, verwundert es nicht unbedingt, dass so manche “Global Player” dieses Gift trotzdem regelmäßig mitliefern. Anders sieht es bei Bio-Produkten aus. Auch hier gab es schon ausgiebige Rückrufe wegen Ethylenoxid-Rückständen im Essen.

Elfi - Brief vom Weihnachtsmann

Einer der bekanntesten Fälle dürfte der Rückruf von Aldi gewesen sein. Auch hier waren wieder Knabbersnacks betroffen – (Meldung bei produktwarnungen.eu). Aldi rief einen Teil des “Gut Bio Kerne-Mix” des Lieferanten Partners in Bio GmbH zurück. Es wurden auch hier besorgniserregende Mengen Ethylenoxid gefunden.

Wo kommt das Ethylenoxid her?

Es wird vermutet, dass die massiv erhöhten Ethylenoxid-Werte auf Sesam-Lieferungen aus Indien zurückgehen. Wie das RASFF (Europäisches Schnellwarnsystem für Nahrungsmittel in seiner Veröffentlichung 2020.3678 darlegt, ist schon seit Anfang September 2020 zu erkennen, dass Europa – wie auch andere Staaten – mit einer großen Menge Sesam-Samen aus Indien überschwemmt wurde, die massiv mit Ethylenoxid belastet ist.

Das wirft natürlich Fragen auf. Was ist Bio? Was dürfen wir tatsächlich unter “Bio”-Produkten verstehen? Für mein Verständnis ist “Bio” mittlerweile nur kontrollierbar und glaubwürdig, wenn die gesamte Produktions- und Lieferkette innerhalb der Europäischen Union liegt. Das hat auch nichts mit Protektionismus zu tun, sondern mit massiv unterschiedlichen Vorstellungen von Transparenz und essbaren Lebensmitteln. Wahrscheinlich noch ein Grund mehr, sich auf regionale Produkte zu fokussieren und Abstand von Dickmachern wie Knabber-Snacks und Co. zu nehmen.

In diesem Zusammenhang solltest du dich auch auf jeden Fall einmal mit dem Thema Greenwashing auseinandersetzen. Darunter fällt nämlich auch, Produkte “Bio” zu nennen, obwohl sie es gar nicht sind. Meinen Artikel zu dem Thema, findest du hier: Greenwashing: So täuschen dich Firmen! 9 Fiese Tricks, Lügen und Fakes.

Was kannst du tun?

  1. Informiere dich öfter einmal über das Internet über die Hersteller deiner Lieblingsprodukte. Gibt und gab es Produktrückrufe? Andere Skandale? Wurden falsche Labels gefunden?
  2. Frage direkt beim Hersteller an. Lass dir erklären, woher genau die Bestandteile deines Produkts herkommen, die nicht aus Deutschland oder Europa stammen können.
  3. Stelle Fragen an die Politik. Du kannst zuständige Ministerien kontaktieren. Schau zum Beispiel einmal auf der Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft nach. Auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bietet hier zahlreiche (Hintergrund)-Informationen an.
  4. Frag die Medien! Viele Reports und Dokumentationen basieren auf Fragen, mit denen Menschen wie du und ich an sie heran getreten sind.
  5. Sei skeptisch bei Äußerungen des Handels.

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