Megapixel, Gigabyte und Bandbreite – Spec-Monster um jeden Preis?
Funfact zum Einstieg: In Deutschland gibt es so viele Smartphones wie Menschen. (Greenpeace, Report: 10 Jahre Smartphone)
Die meisten von uns kennen das Gefühl: Ein neues Smartphone wird vorgestellt und man schaut sein eigenes mitleidig an. Dabei ist das gute Stück gerade einmal ein, maximal zwei Jahre alt. In Smartphone-Jahren dann aber schon ein Opa. Wann immer wir uns hier etwas Gutes tun, schaden wir der Umwelt massiv. Deswegen möchte ich dir hier X Gründe zeigen, warum du gar kein neues Smartphone brauchst.
1. Klima-Killer Smartphone-Produktion
Bei der Produktion eines Smartphones kommen gleich mehrere äußerst negative Aspekte zusammen. Einer der massivsten ist der Schaden für das Klima.
Rohstoffe für ein Smartphone
Zu Herstellung eines Smartphones werden über 60 (sechzig!) chemische Elemente verwende. Darunter zum Beispiel Metalle wie Aluminium, Kobalt und Gold. Das sind entscheidende Baustoffe für die empfindliche Elektronik. Gewonnen werden diese Elemente vornehmlich in Bergbaubetrieben. Zum Teil handelt es sich auch um
recycelte Materialien. Ein weiterer wichtiger Stoff beim Smartphonebau ist Plastik. Hergestellt wird Plastik aus Erdöl. Recyceltes Plastik findet sich in der Smartphone-Produktion nur sehr selten. Für wichtige Teile wie Speicher, Prozessor und Grafikchip wird vor allem Silizium verwendet – wie übrigens auch bei Solarzellen. Für die Herstellung von Silizium müssen Unmengen Wasser und Energie aufgewendet werden. (Greenpeace Report: 10 Jahre Smartphone).
Nur 19 % der Smartphone CO2-Emission entstehen durch die Nutzung. 73 % werden bei der Produktion verursacht.
Recycling problematisch
Mittlerweile kann der Großteil eines Smartphones recycelt werden – wenn es denn dazu kommt. Der Focus stellte fest:
65 bis 80 Prozent eines Handys können recycelt werden. Nur drei Prozent der Nutzer geben es zum Recycling, vier Prozent werfen es weg, 44 Prozent behalten es, 25 Prozent geben es weiter, und 16 Prozent verkaufen es.
focus.de
Greenpeace listet im Report zudem Besorgnis erregende Stoffe auf. Auch Konfliktmineralien listet Greenpeace auf. Mit Konfliktmineralien werden unter anderem Kriege im Kongo finanziert.
Besorgnis erregende Elemente in der Smartphone-Herstellung
- Antimon (Sb) – umwelt- und gesundheitsschädlich
- Arsen (As) – hoch giftig
- Beryllium (Be) – kann zu Lungenerkrankungen führen
- Blei (Pb) – hoch giftig, wenn gelöst
- Brom (Br) – hoch giftig und stark ätzend
- Cadmium (Cd) – kann chronische Vergiftung verursachen
- Chlor (Cl) – kann die Lunge schädigen
- Chrom (Cr) – kann DNA schädigen / zu Mutationen führen
- Fluor (Fl) – gefährlich / brandfördernd
- Lithium (Li) – hochentzündlich, kann Verätzungen verursachen
- Quecksilber (Hg) – hochgiftig, gast bei Zimmertemperatur
Konflikt-Mineralien im Smartphone-Bau
- Gold (Ag)
- Tantal (Ta)
- Wolfram (W)
- Zinn (Sn)
Wie man Elektrogeräte entsorgen kann – darunter auch Smartphones – habe ich bereits in diesem Artikel beschrieben.
2. Menschen leiden für Smartphones
Neben dem hohen Energie- und Materialverbraucht, sind vor allem die Bedingungen wichtig, unter denen Rohstoffe gewonnen und Komponenten hergestellt werden.
Es geht nicht nur um Material- und Energiemengen. Das auf ständig neuen Verkäufen ausgelegte Geschäftsmodell der Smartphone-Hersteller hat vor allem signifikante Folgen für die Arbeiter – also den Menschen mitten in der Lieferkette. Die Washington Post berichtete, wie Bergbau-Unternehmer im Kongo nach Kobalt graben. Ohne Karten, ohne Sicherheitsausrüstung. Und das in großer Tiefe. Ein schreckliches Szenario (Washington Post).
Doch nicht nur in armen Ländern wie dem Kongo leiden Menschen unter dem Wachstumstrieb der Handyhersteller. Wie die New Yorker “AP News” berichtete über 200 südkoreanische Arbeiter. In Halbleiter-Fabriken hätten sich diese lebensbedrohlichen Erkrankungen – allen voran Krebs – zugezogen (AP News, New York).

Ein weiteres und womöglich weltweit bekanntes Beispiel lieferte eine Kupfer- und Goldmine in Chile – das Grubenunglück von San José. Es ging auch als “das Wunder von Chile ” in die Geschichte ein. 33 Bergleute waren nach dem Einsturz der Miene in fast 700 Metern Tiefe gefangen. Für mehr als zwei Monate! Geändert hat sich nicht viel in Chile. Den Gewinn an dem zweifelhaften Ruhm der Tragödie strich Hollywood ein, mit der Verfilmung “The 33” (deutscher Titel: 69 Tage Hoffnung). Daran hat nur das Team um Antonio Banderas verdient (Der Spiegel).
Hier noch ein Buchtipp zum Thema: 70 Tage unter der Erde.
Natürlich ist es fast unmöglich, die genauen Kosten und Folgen hierduch zu beziffern. Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben diese Fabrikarbeiter in der Regel nicht. Dadurch erfahren sie erst spät von ihrer Erkrankung, was das Problem weiter verstärkt.
Den Smartphone-Klima-Kreis schließen
Der Kreis schließt sich dann, wenn wir berücksichtigen, dass die Produktion umweltschädlich beiträgt und für alle Menschen zur Gefahr wird. Smartphone-Hersteller selbst feuern das gesamte Problem zusätzlich an. Allen voran Samsung, werden Smartphone-Modelle quasi im Monatstakt herausgebracht. Die Folge ist, dass die meisten das Gefühl bekommen, nicht mehr “up to date” zu sein.
20 Samsung-Modelle in 2020
Gefühlt bring Samsung monatlich ein neues Smartphone auf den Markt. Tatsächlich waren es in 2020 bisher sogar 20 Modelle (Stand Oktober 2020).
Glaubst du nicht? Hier die Liste:
Modellname | Release-Monat | |
Samsung Galaxy S20 FE 5G | September | |
Samsung Galaxy S20 FE | September | |
Samsung Galaxy Note 20 Ultra 5G | August | |
Samsung Galaxy Note 20 5G | August | |
Samsung Galaxy Note 20 | August | |
Samsung Galaxy Z Fold 2 5G | August | |
Samsung Galaxy Z Flip 5G | August | |
Samsung Galaxy A20s | Juni | |
Samsung Galaxy A21s | Juni | |
Samsung Galaxy A41 | Mai | |
Samsung Galaxy M31 | April | |
Samsung Galaxy M21 | April | |
Samsung Galaxy A31 | März | |
Samsung Galaxy S20 Ultra | Februar | |
Samsung Galaxy S20+ | Februar | |
Samsung Galaxy S20 | Februar | |
Samsung Galaxy Z Flip | Februar | |
Samsung Galaxy S10 Lite | Januar | |
Samsung Galaxy A71 | Januar | |
Samsung Galaxy A51 | Januar |
3. Ältere Smartphones sind einfach unterfordert
Ob du nun ein Smartphone aus 2017 oder ein 2020er Smartphone hast – bei keinem der Modelle wirst du als “Normalnutzer” häufiger an die Grenzen seiner technischen Leistungsfähigkeit stoßen. Meist merkst du ohnehin nur bei großen Spielen oder bei der Bearbeitung von Videos mit dem Smartphone, dass es ruckelt. Und sind wir einmal ehrlich: Die allermeisten Menschen benutzen ihr Smartphone fast ausschließlich zum Chatten (Whatsapp, Telegram, SMS), Surfen und Soziale Netzwerke (Facebook, Instagram, Twitter) und für das ein oder andere Spiel. Und Fotografieren!
Mir geht es nicht anders als dir – und mein persönliches Fazit
Mein letztes Smartphone war das Huawei Mate 10 Pro. Baujahr 2017. Keine Super-Hardware aber selbst mit neueren Spielen nie überfordert gewesen. In diesem Jahr habe ich mir das Oppo Find X2 Pro geholt. Ein tolles Handy, ohne Frage. High-End in jeder Hinsicht. Die Geschwindigkeit übertrifft meinen Computer. Der Arbeitsspeicher (RAM) ist doppelt so groß. Aber auch bei mir langweilt sich das Find X2 Pro nicht selten. Denn dazu, ständig zu zocken komme ich einfach nicht.
Das Mate 10 Pro hat den Besitzer innerhalb der Familie gewechselt. Und über das nächste Upgrade werde ich reiflich nachdenken. Für mein Gefühl und das, was ich mit dem Smartphone mache, werden Leistung und Speicher weit mehr als zwei Jahre reichen. Einen objektiven Grund, in naher Zukunft über einen Nachfolger nachzudenken, gibt es nicht. Vor allem während der Recherchen zu diesem Thema ist mir die Tragweite der ständigen “Upgrades” bewusster geworden. Insofern hoffe ich, dass ich auch dich wenigstens ein bisschen für das Thema sensibilisieren konnte.

Diverse Onlineprojekte, Blogs, Webseiten und was weiß ich, habe ich schon früh gestartet. Nie mit Ambitionen, davon zu leben, sondern um meine Erfahrungen und Ansichten weiterzugeben. Und zwar nicht in erster Linie für Nerds, die ohnehin laufende Tech-Enzyklopädien sind, sondern für “Normalos”. Als Betreiber, Autor, Webmaster (und was hier sonst alles noch anfällt), kann da einige Zeit drauf gehen. Spaß macht’s.
Familienvater, Tech-Enthusiast, Klugscheißer, Trekki, Whovian, Sportler, Leser, Schreiber, Denker – gelegentlich Sparbrötchen und Meckerziege, aber immer mit Spaß bei der Sache.
Sprachen: Deutsch (Muttersprache), Englisch, Russisch (Selbstlerner)
Wenn du mich beeindrucken willst, erzähl mir etwas Neues über Star Trek, Dr. Who oder beweise mir, dass Flacherdler wirklich recht haben. Kurzum, ich bin eigentlich ganz normal und freue mich über jeden Besucher meines Blogs.