Von wegen Umweltmeister! Emissionen – Greenwashing 2.0

Klimabilanz schützt nicht vor CO2-Emissionen

Was Greenwashing bedeutet und woran du es im Alltag erkennen kannst, habe ich dir hier schon gezeigt. Aber nicht nur du und ich als Kunden sind wichtige Empfänger grüngewaschener Parolen großer Konzerne. Auch Investoren sind auf den Geschmack nachhaltig agierender Unternehmen gekommen. Um attraktiv zu bleiben, müssen Konzerne also umdenken – oder einfach anders rechnen und die Zahlen etwas optimieren.

Tauschhandel für das Klima? CO2-Zertifikate

Kennst du CO2-Zertifikate? Zertifikate-Handel und ähnliche Begriffe? Das beschreib – äußerst grob gesagt – die Möglichkeit von CO2-Sündern, sich Sauberkeit zu erkaufen. Unternehmen, die kein CO2 verursachen, können Zertifikate verkaufen – an die Dreckschleudern der Industrielandschaft. Letztere verbessern somit ihre CO2-Bilanz, sind auf dem Papier also sauberer. Dieses Prinzip ist etabliert – dadurch aber nicht weniger fragwürdig. Eine dreckige Industrie, die genügend Geld macht, kauft sich einfach sauber. Der CO2-Ausstoß ist auf dem Papier dann niedriger, als es wirklich ist. Das ist ein wichtiges Instrument, um neben ständigem Wachstum auch noch grüner zu werden. Klimaneutral werden sie dadurch nicht – aber hübscher. Vor allem die Klimabilanz der Unternehmen.

Wie kommt man zur Klimabilanz eines Unternehmens?

Um es nicht zu kompliziert zu machen: Es gibt diverse Methoden, den Gesamt-CO2-Ausstoß, die Emissionen eines Unternehmens zu bestimmen. Hauptsächlich werden hier 3 sog. “Scopes” betrachtet.

Scope 1: Betriebsstätten und Gebäude
Scope 2: Betriebsstätten und Gebäude und zugekaufte Energie
Scope 3: Betriebsstätten und Gebäude und zugekaufte Energie und Emissionen der gesamten Wertschöpfungskette

Lass mich kurz etwas zu den Scopes sagen.

Was ist Scope 1?

Scope 1 beschreibt tatsächlich nur die CO2-Emissionen der unternehmenseigenen Standorte und Gebäude. Also zum Beispiel eine Unternehmenszentrale sowie die Produktionslinie.

Was ist Scope 2?

Scope 2 umfasst die Emissionen zugekaufter Energie. Ein wichtiger Punkt bei energieintensiven Industrien. Die wenigsten produzieren Ihren Strom selbst.

Was ist Scope 3?

Scope 3 berücksichtigt die gesamte Wertschöpfungskette. Also auch die Emissionen, die von anderen Firmen verursacht wurden – zum Beispiel in der Produktion von Teilen, die das zu betrachtende Unternehmen letztlich verbaut. Aber auch Emissionen durch die Nutzung der eigenen Produkte – zum Beispiel bei Komponenten für Industrieanlagen oder auch Teile für Autos tragen zu CO2-Emissionen bei.

Für große Versprechen reichen Zertifikate nicht aus

Mit großen Worten zur Klimaneutralität geht Siemens voran. Was viele nicht wissen: Siemens liefert Kernkomponenten für bisher über 3000 Kraftwerke, darunter auch unzählige Klima-Zeitbomben wie Kohlekraftwerke. Wie der Spiegel berichtet, geht es dabei hauptsächlich um das Steuermodul “T3000”.

In seiner Klimabilanz gibt Siemens zwar Daten nach “Scope 3” an, rechnet sich aber sauber, indem es bei den Emissionen für verkaufte Produkte (also z. B. Steuermodule für Kohlekraftwerke) keinerlei Emissionen angibt. Laut Spiegel-Angaben begründet Siemens das damit, dass es einfach zu “schwierig” wäre, diese Daten zu berücksichtigen. So kommt Siemens bei Scope 3-Emissionen mit 16 Millionen Tonnen CO2-Emissionen aus. Klingt viel? Ist aber massiv schöngerechnet. Gegen Siemens wirkt das augenscheinlich ehrlichere Bosch wie ein echter Klimasünder – 330 Millionen Tonnen CO2. Um das einzuordnen: Dem gesamten jährlichen Verkehr in Deutschland schreibt man rund 150 Millionen Tonnen CO2 zu.

Als Zielsetzung, klimaneutral zu werden, gab Siemens zuletzt “knapp 10 Jahre” an. Daimler hält 30 Jahre für realistisch.

CO2-Emissionen sind für alle spürbar.

Ganz offensichtlich mit Optimierungen in der Berechnung seiner Zahlen um eine weiße Weste, um ein sauberes Image bemüht, ist man in bester Gesellschaft anderer DAX-Größen. Allen voran BASF, E.on und HeidelbergCement. Alle erfüllen nach Angaben des Klimaberaters “Right. Based on Science” die Vorgaben nicht ansatzweise. Gerade HeidelbergCement ist, als wichtigster Beton- und Zement-Lieferant, nicht nur ein zentraler gesamtwirtschaftlich relevanter Name. Auch hinsichtlich des Klimawandels tragen die Produktionsstätten von HeidelbergCement massiv zu Emissionen bei.

Ganz im Stile der Autoindustrie – Es wird geschönt und rausgerechnet

Was man augenscheinlich Bosch als wichtigen Automobilzulieferer nicht vorwerfen kann, setzt Daimler konsequent um. In seiner Klimabilanz gibt Daimler Emissionen für seine verkauften Fahrzeuge in Höhe von knapp 80 Millionen Tonnen an. Die wichtigsten CO2-Schleudern lässt man in der Rechnung aber geflissentlich aus: Lkw und Busse. Das hält die Werte niedrig.

Welche Auswirkungen hat das Schönrechnen?

Es ist nicht zu erwarten, dass es in der nächsten Zeit zu ernsthaften Konsequenzen für Unternehmen kommen wird, die ihre Klimabilanzen grün-waschen. Tatsächlich würde die Erderwärmung allerdings mehr als 4 Grad betragen, wenn die Industrie den Beispielen von Daimler und Siemens folgen würde. Da ist sich “Right. Based on Science” im Report “What if” sicher. Das Pariser Klimaabkommen würde damit nicht im Entferntesten erreichbar sein.


Lies auch den Artikel über Greenwashing und erfahre die fiesen Tricks der Unternehmen, erfolgreich zu versuchen, dich zum Kaufen zu bewegen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Please reload

Bitte warten...